Folge 1 – virtual7 und die eAkte

Kennt Ihr diese Geschichte von dem Mann, der einen Hammer bei seinem Nachbarn ausleihen will, um ein Bild bei sich aufzuhängen? Kurz zusammengefasst geht die so: Er läuft also zu seinem Nachbarn durch das Treppenhaus und auf dem Weg entsinnt er sich des vergangenen Abends, an dem der Nachbar so komisch geschaut hat und neulich hatte er auch nicht gegrüßt, als sie sich im Treppenhaus begegnet waren. Der Mann schreitet weiter die Treppen hinab und denkt darüber nach, was der Nachbar wohl von der Bitte halten würde, ihm seinen Hammer auszuleihen. Wenn der nicht einmal grüßt. Und so komisch schaut. Der würde sich bestimmt anstellen. Der möchte ihm bestimmt den Hammer nicht ausleihen, das sähe ihm ähnlich. Als er schließlich beim Nachbarn angekommen ist und dieser nichtsahnend die Türe öffnet, schreit der Mann ihn an „Sie können Ihren verdammten Hammer behalten, Sie Rüpel!“

Eine nette Geschichte, mit der damals im Jahr 1983 von Paul Watzlawick in seinem Bestseller „Anleitung zum Unglücklichsein“ wunderbar veranschaulichte, wie wir uns das Leben selber immer wieder ohne Grund schwer machen.
Vielleicht regt das ja zum Schmunzeln an? Aber vielleicht erinnert sich hier auch jemand an eine ähnliche Begebenheit oder Situation, in der man sich unnötiger Weise in eine Stimmung gesteigert hat, die unweigerlich zu Streitereien führte.

virtual7 und das bayerische Landesamt für Steuern (LfSt)

Womit wir beim Thema wären – wusstet Ihr, dass zum Beispiel im Jahre 2021 insgesamt 7.251 vor dem Amtsgericht erledigte Verfahren in Zivilsachen gezählt wurden, die sich um Nachbarschaftssachen drehten? 7.251 Fälle, geteilt durch 638 deutsche Amtsgerichte sind ungefähr 11 Fälle. Klingt nicht viel für ein Jahr? Stimmt, – aber knapp 800.000 klingt viel. Das ist die Gesamtzahl der vor dem Amtsgericht erledigten Verfahren. Und die mussten alle in den durchschnittlich 255 Arbeitstagen erledigt werden. Das sind dann also 3.137 Fälle pro Tag. In 638 Gerichten macht das dann ca. 5 Fälle jeden Tag. Immer noch nicht viel?
Aber hallo. Und warum? Weil es eine Menge Zeit in Anspruch nimmt, ein Verfahren abzuschließen. Weil ich mich als Gericht und Anwaltschaft in den Fall zunächst einlesen (in eine Papierakte!) und mit den Parteien korrespondieren muss – oftmals noch per Brief! Und wenn zu viele Fälle die Gerichte verstopfen, nennt man das Verfahrensstau. Diesen gilt es irgendwie zu bewältigen. Aber wie?
Es liegt mir fern, zu beurteilen, ob diese Nachbarschaftsstreitigkeiten alle wirklich notwendig waren und ob sich der Gang vor ein Gericht nicht durch zwischenmenschliche Kommunikation, Verständnis und Empathie hätte vermeiden lassen. Bestimmt haben diese Auseinandersetzungen über Bodenbeläge, Birkenpollen und Baumwurzeln ihre Berechtigung. Wichtig hierbei ist nur, dass wir eine Möglichkeit als Gesellschaft finden, mit diesen Problemen zivil umzugehen und sie zeitnah zu lösen.
Zum Glück arbeiten fleißige Menschen daran, diese Verfahren zu beschleunigen und den Aktenbergen Herr zu werden. Die Digitalisierung der Verwaltung kann das ganze Land davor bewahren, dass durch zu viele vermeintlich „kleine“ Streitereien die Gerichte überlastet werden.

Alexandra Engl

Das Customer Cluster Justice von virtual7 zum Beispiel ist mit dem Rechenzentrum des Bayerischen Landesamts für Steuern (LfSt) gemeinsam auf dem Weg, die elektronische Akte bei sämtlichen bayerischen Gerichten einzuführen. Das LfSt betreibt nämlich die zentralen IT-Verfahren für die bayerische Justiz, mit denen die Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten. Mit der elektronischen Gerichtsakte können Verfahren schneller abgewickelt werden und die Kommunikation zwischen Standesämtern, Gerichten und Anwälten wird erheblich verbessert.

Weil das so interessant klingt und hochaktuell ist, habe ich dort mal nachgefragt, woran wir von virtual7 mit den Mitarbeiter:innen des LfSt Bayern gemeinsam arbeiten und was unser Anteil dabei ist. Glücklicherweise stand mir mit Alexandra Engl als Gesamtverantwortliche für den Justizbetrieb im Rechenzentrum des LfSt eine kompetente Ansprechpartnerin zur Verfügung.

“Sie [virtual7] unterstützen einen sehr spannenden Teil, nämlich das elektronische Integrationsportal (eIP). Dies ist unser Herzstück für die Einführung der elektronischen Akte. eIP ist die Plattform, auf der die elektronische Akte läuft, die allen Gerichten und Staatsanwaltschaften zur Verfügung gestellt wird. Und da sorgen Sie dafür, dass das Herz schlägt.”

Ein Resultat: Klare Vorteile für die Bürger:innen!

Das klingt in der Tat spannend. Mit diesem eIP wird also ermöglicht, eine Akte überhaupt erst einmal digital bearbeiten zu können und zwar gilt dies für sämtliche Arbeitsabläufe und Anforderungen von allen, die in der Justiz mit solchen Akten arbeiten. Und wenn virtual7 mit dafür sorgt, dass das Herz des elektronischen Integrationsportals schlägt, ist der Anteil am Erfolg der eAkte sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Was das jetzt genau für die Bürger:innen Deutschlands bedeutet, konnte mir Frau Engl ebenfalls schildern.

“Also der elektronische Rechtsverkehr ist ein gutes Beispiel. Dieser ist verpflichtend für alle Anwälte und Notare und er ermöglicht zudem, dass wir zum Beispiel in unserem privaten Umfeld eine Strafanzeige elektronisch abgeben können. Sie können ganz leicht und bequem per App über das Bayernportal eine Klage elektronisch einreichen und erhalten sofort eine Rückmeldung dazu, dass sie angekommen ist.”

Das bedeutet salopp gesagt, ich kann mir während eines Streits mit meinem bayerischen Nachbarn ganz bequem mein Telefon zur Hand nehmen und eine Anzeige wegen Lärmbelästigung oder Umweltverschmutzung beim Portal einreichen. Interessant.
Aber den Gerichten ist damit ja noch nicht geholfen, oder wie sieht das dort aus? Was trägt virtual7 dazu bei, damit die Mitarbeiter:innen in den Gerichten meine und die vielen anderen Klagen und Anzeigen erfolgreich und zügig bearbeiten können?

“Die Einführung der eAkte erleichtert das Arbeiten an und in den Gerichten, also Sie sorgen quasi dafür, dass der Arbeitsalltag von einem Richter und einem Staatsanwalt deutlich leichter und medienbruchfreier vonstattengeht.
Aber da hört es noch nicht auf. Die Einführung der eAkte ermöglicht ebenfalls, dass Verhandlungen digital geführt werden können. Sie ermöglichen Videoverhandlungen, indem die Akte eben auch gleichzeitig gepflegt werden kann, während die Verhandlung läuft. Außerdem ermöglichen Sie auch das Koppeln der eAkte in der eIP mit anderen Verfahren. Das sind schon spannende Sachen, die dort mit der Digitalisierung einhergehen.”

In der Tat. Der Bundesjustizminister Marco Buschmann hat zu diesem Thema bereits im November vergangenen Jahres gesagt, unsere Justiz müsse moderner, digitaler und bürgerfreundlicher werden. Videokonferenzen sollten deshalb ein selbstverständlicher Teil des Gerichtsalltags sein.
Es leuchtet natürlich ein, dass man erheblich viel Zeit einspart, wenn man für eine Gerichtsverhandlung nicht mehrmals von Kiel nach München reisen muss, sondern dieser per Video beiwohnen kann. Laut eines Gesetzentwurfs sollen nun die bestehenden Regelungen flexibler und praxistauglicher gestaltet werden. Dadurch wird der Einsatz von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit sowie den Fachgerichtsbarkeiten weiter gefördert. Und die Grundlage dafür ist eine eAkte. Denn nur so können Anwaltschaft und Gerichte zeitgleich an einem und demselben Dokument gemeinsam arbeiten.

Zukunft der digitalen Justizverwaltung

Aber da hört der Einsatz für die eAkte noch nicht auf. Denn darüber hinaus kann auch die künstliche Intelligenz (KI) dabei helfen, den Verfahrensstau aufzulösen. Hier gibt es bereits spannende Ansätze, wie ein bundesweit einheitliches Portal für intelligente Assistenzsysteme in der Justiz errichtet werden soll. Die Vorteile liegen dabei klar auf der Hand, wenn man sieht, das gewisse Prozessabläufe ohnehin automatisiert vonstattengehen und diese in der Folge nicht mehr von einer Person per Hand, sondern eben von einer künstlichen Intelligenz übernommen werden können.

Auch dazu konnte mir Frau Engl etwas berichten, – denn die KI könnte bei Massenverfahren einige Aufgaben übernehmen. Und zwar bei den Fluggastfällen. Wenn man sich vor Augen führt, dass zum Beispiel beim Amtsgericht Erding 90 % aller Verfahren reine Fluggastfälle sind oder in Köln schon Ende Juli letzten Jahres über 7300 Fluggastverfahren eingeleitet wurden, kann man erkennen, dass dies leicht zur Überlastung der Gerichte führt. Um diese Flut von einzelnen Klagen überhaupt zeitnah bearbeiten zu können, werden diese Massenverfahren eingeleitet – das heißt, der einzelne Fall wird noch immer individuell bearbeitet, aber jeder dieser Fälle hat den gleichen Hintergrund – wie zum Beispiel eben ein verspätetes oder ganz ausgefallenes Flugzeug. Dass virtual7 auch hier mit behilflich dabei ist, die Gerichte zu entlasten, konnte mir Frau Engl bestätigen.

“Es wird versucht, die Fluggastrechtsfälle durch KI zu unterstützen und dies alles funktioniert ja nur, wenn ich eine entsprechende elektronische Akte habe. Als Basis sozusagen, an der dann andere Verfahren andocken können. Sie (virtual7) sorgen dafür, dass die Plattform bereitsteht, auf denen dann alle anderen Komponenten angekoppelt werden können – also dementsprechend sind Sie wirklich für das Herzstück des Ganzen verantwortlich.”

Das klingt natürlich fantastisch, wenn wir mit unserer Arbeit für das Herzstück verantwortlich sind und dann dieses Herz auch noch so wunderbar und gesund die Justiz am Laufen hält. Die Notwendigkeit dieses Herzschlags hat gerade erst wieder die Unionsfraktion im Bundestag bestätigt und in einem Antrag gefordert, dass „die Entwicklung von Instrumenten der künstlichen Intelligenz gefördert werden, um eine effizientere Bearbeitung von Massenverfahren zu fördern.“ Und ohne eAkte und eIP könnte genau dieser Schritt gar nicht vollzogen werden. Gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Steuern sorgen die cleveren Mitarbeiter:innen des Customer Clusters Justice also dafür, dass mit der eAkte und der zugrunde liegenden Software die Digitalisierung der Verwaltung voranschreitet.

„Ja, und dadurch können wir dann den Arbeitsalltag von Gerichten und Staatsanwaltschaften hoffentlich deutlich angenehmer gestalten und auch die Bürger:innen haben den Vorteil, dass ihre Verfahren schneller und nachvollziehbarer ablaufen.“

Auch wenn wir als Menschen in einer komplexen Gesellschaft von Zeit zu Zeit dazu neigen, uns die Welt und unser Leben unnötig schwer zu machen, ist es doch ein großes Trostpflaster, dass wir durch die Digitalisierung Deutschlands immerhin diese Probleme leichter und schneller bewältigen können. Schön, dass virtual7 dazu beitragen kann.